Vorsichtig nähere ich mich dem üppigen Bewuchs der mobilen Brotkisten und den sackartigen Gebilden, aus denen tatsächlich, sich wohlig im Sommerwind wiegend, das Kartoffelkraut sprießt.
Bei diesem Anblick kommen mir Erinnerungen an eigene Ernteerfolge und nicht so gelungene Experimente mit der Gartenkultur im ehemaligen Schrebergarten in Pankow. Obwohl auch hier das Gartenland dicht an einer stark verkehrsreichen Straße gelegen war, konnte sich das Ernteergebnis sehen lassen und entsprach voll den Vorgaben der Kleingartenordnung. Hier und überall dort, wo noch von Hand aufgezogen wird und der Hobby-Gärtner seine Pflanzen persönlich begrüßt, ist gesundes Wachstum garantiert.
Liebevoll wird Hacke und Spaten ins Erdreich gestochen und gefühlvoll jedes wachstumshemmende Kraut entfernt. Das sogenannte „Unkraut" ist in vielen Fällen gar nicht „unnütz"! Neuerdings gelangen sogar viele dieser Kräuter auf die Teller von Feinschmecker- Lokalen. Von Brennnessel über Sauerampfer bis Vogelmiere ist da alles möglich. Leicht gedünstet, mit einem Tröpfchen Öl auch gesundheitlich unbedenklich und genießbar.
In Kreuzberg am Moritzplatz ist aus einer ehemaligen Brache eine wunderbare Oase entstanden. Dank viel Enthusiasmus und Durchsetzungswillen, bürgerschaftlichen Engagements und vieler „grüner Daumen". Schon lange ist es nicht nur ein Wachstumsparadies für Kohlköpfe und Co, sondern auch eine kulturelle Begegnungsstätte für verschiedene „Selbstverwirklicher".
Immer wieder macht das Gartenparadies von sich reden und lädt zu den tollsten Aktionen ein. Angeregt durch die unterschiedlichsten Möglichkeiten auf dem Gebiet gärtnerischer Verwirklichung, werden Besucher inspiriert, selbst auf ihren städtischen Balkonen kleine Oasen mit großer Wirkung zu schaffen.
Vor einiger Zeit las ich in der Tagespresse über die erfolgreiche Imkerei einer Nachbarin aus der Wohngegend an der Oranien-/Prinzen Straße. Das beeindruckte mich sehr und wohl auch viele andere. Erfolgreich präsentierte sie ihre Arbeit, aus der sich eine ansehnliche Produktvielfalt entwickelte und zum Kaufen verlockte.
Bei all der grünen Idylle vergisst man fast, dass um das Gelände herum ein dramatischer Autoverkehr pulsiert. Die Schadstoffe reihen sich dicht aneinander und werden aus der Luft von oben mit reichlich Flugzeugabgasen vermischt. Da ich nicht weit vom Moritzplatz entfernt wohne, nerven mich die Rückstände des „Wohlstandes" auf Balkons und Fensterbrettern ...
... Da gehe ich dann doch lieber in den nächsten Supermarkt und kaufe BIO.
Ihre Stadtteilbeobachterin Else Schnipp
Fotos: GaBra12