Das Jahr 2003
Berliner Abendblatt – 21.05.2003
„Persius-Dreieck wird zu schönem Platz“
Info-Gespräch mit Künstlern und Bürgern
STRALAU. ...Die Konzeptidee für die Platzgestaltung soll in enger Einbeziehung der Anwohner erfolgen, die über den Kiezladen „RuDi“ eingebunden werden können. Von den drei Künstler-Vorschlägen soll einer realisiert werden. Der Entwurf soll noch diesen Sommer erarbeitet, der Vorschlag im September abgegeben und im Frühjahr 2004 realisiert werden... (dvs)
Berliner Zeitung – 17.04.2003
„RuDi“ zieht um
FRIEDRICHSHAIN. Das Nachbarschaftszentrum „RuDis Kiezladen“ vom Stralauer Rudolfplatz zieht in eines der beiden denkmalgeschützten, seit Jahren leer stehenden Inspektorenhäuser an der Modersohnstraße. Gestern begannen die Umbau- und Sanierungsarbeiten. Im Inspektorenhaus wird zunächst mit Mitteln aus dem Urban-II-Programm der EU sowie mit Unterstützung des Arbeitsamtes die unterste von drei Etagen ausgebaut. Insgesamt knapp 600.000 Euro stehen dafür bereit. In dem neuen Nachbarschaftszentrum, in dem auch weitere Bürgervereine arbeiten werden, stehen rund 180 Quadratmeter zur Verfügung. Einzug ins neue Domizil soll im Spätherbst gefeiert werden. (sk.)
Neues Deutschland – 17.04.2003
Neues Kiez-Zentrum
Das ehemalige Inspektorenhaus an der Emanuel-Lasker-Oberschule wird zu einem Nachbarschafts- und Stadtteilzentrum für den Stralauer Kiez in Friedrichshain ausgebaut. Der RuDi-Kiezladen, der bisher nur zwei Veranstaltungsdräume in einem Privathaus am Rudolfplatz nutzen konnte, wird hier sein neues Domizil bekommen. Die Mittel für den Umbau stammen aus dem Urban-II-Förderprogramm
ND-Foto: Burkhard Lange
Berliner Zeitung – 25.03.2003
Kreuze gegen den Krieg
Bildhauerin Franziska Uhl verwandelt den Friedrichshainer Rudolfplatz in ein Mahnmal
Erschrocken oder zumindest verdutzt bleiben die Passanten am Friedrichshainer Rudolfplatz stehen und erkennen den Ort nicht wieder. Die nette kleine Grünlage zwischen vier Straßen ist auf einmal keine Kiezoase mehr, sondern ein Denkmal: Grob zusammengenagelte und weiß getünchte Holzkreuze stehen auf dem Rasen und Sand, hinter dem Spielplatz, neben Gehwegen und Ruhebänken. Gestern waren es zehn, heute sind es zwanzig, morgen kommen wieder zehn dazu. "Jeden Tag werde ich zehn weitere Kreuze aufstellen, solange dieser Krieg im Irak andauert", sagt Franziska Uhl. Die 35-Jährige freut sich, dass die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Cornelia Reinauer (PDS), das spontane Werk unterstützt. Die Künstlerinnen der Organisation Gedok Brandenburg beteiligen sich mit Spenden für den Kauf des Holzes.
Nicht auszudenken, was das für ein Trauerfeld zwischen Häusern, Parkplätzen und Straßen ergäbe, sollte der Krieg lange dauern. Üblicherweise arbeitet die Anfang der 90er-Jahre aus Erlangen nach Berlin gezogene Bildhauerin figurativ in Stein. Weil sie Monate brauchte, um ihre Ohmacht und die Entrüstung in Granit oder Basalt zu meißeln, nagelt sie nun Latten zu schlichten Kreuzen zusammen und kalkt das Holz weiß. Am Wochenende hat sie begonnen, seither kommen die Leute, die hier wohnen - und bleiben lange. Manche bringen der Künstlerin Holz aus ihren Kellern, viele legen Blumen unter die Kreuze oder sie stellen Kerzen hin. Der Platz wird täglich mehr zu einem Ort, an dem Alte und Junge aus den Häusern ringsum ihre Emotionen hintragen, wo sie miteinander reden, auch über ihre Verunsicherung, und die Frage, ob ein Diktator bekämpft werden kann, indem Unschuldige sterben müssen. Sie kritisieren die Fernsehbilder, die den blutigen Krieg auf perfektionierte, technische Operationen reduzieren. Oder man schweigt miteinander, wie die alte Frau und der alte Mann, die beide im April 1945 den Bombenkrieg in einem Friedrichshainer Luftschutzkeller überlebten, oder wie die junge Frau, die mit ihrem Baby vorbeikommt und eine weiße Rose unter eins der Kreuze legt. Der Junge mit dem Roller sagt auch lange nichts. Erst beim Weggehen fragt er seinen Vater: "Warum schmeißen die Bomben und was wird da mit den Kindern?"
Berlin ist weit weg vom Krieg im Irak, aber er dringt ein in den Alltag der Menschen, denen es nicht gelingt, hinzunehmen oder zu verdrängen, was die Nachrichten stündlich melden. "Nichts legitimiert die Raketen auf irakische Wohnhäuser, und nichts rechtfertigt tote amerikanische und britische Soldaten", sagt Franziska Uhl und tut, was eine Künstlerin eben tun kann - und auch muss, wie sie sagt, um Gedanken und Gefühlen eine Form zu geben. "Das Zeichen des Kreuzes versteht jeder, egal wie empfindsam er ist, und gleich, woran er glaubt oder worauf er hofft." Sie fügt hinzu, dass sie wisse, was es heißt, durch Gewalt zu verlieren, was man sein Zuhause nennt. Vor zwei Jahren hatten Rechtsradikale ihre Atelierwohnung in der Danneckerstraße angezündet, alles verbrannte - die Skulpturen und Bilder, der Hausstand, die Papiere; Franziska Uhl konnte sich und ihren Sohn retten, die Feuerwehr holte beide vom Balkon. "Diese Erfahrung hat mich dünnhäutig gemacht", sagt sie. Das Kreuze-Nageln ist auch ein Abreagieren der Angst, die erneut in ihr hochkriecht.
Und oben, in ihrer Wohnung gleich neben dem Rudolfplatz, hat Franziska Uhl ein Tuch angebracht. Darauf ist zu lesen: "In jedem Krieg verlieren Kinder ihre Eltern und Eltern verlieren ihre Kinder!"
"Das Zeichen des Kreuzes versteht jeder, egal woran er glaubt.
Ingeborg Ruthe
(RuDi leistete der Künstlerin bei der Aktion tätige Unterstützung und war Anlaufstelle für Fragen und Anregungen der Bürger)
BRÜCKENSCHLAG – 03/2003
Seniorenblatt für friedrichshain-kreuzberg, Mitte und Lichtenberg
Weiße Holzkreuze für die Opfer des Krieges
Täglich werden sie mehr, die Holzkreuze auf dem Friedrichshainer Ridolfplatz. 180 waren es, als das Foto auf der Titelseite des Brückenschlages entstand.
Die Idee hatte die Künstlerin Franziska Uhl, nachdem sie das Engagement einer Stralauer Seniorengruppe gegen den Irak-Krieg kennen lernte. Die Senioren treffen sich regelmäßig in „RuDi's Kiezladen“ am Rudolfplatz und als die ersten Bomben auf den Irak fielen, wollten sie unbedingt dazu Stellung nehmen. Sie organisierten Lesungen mit texten zum Thema frieden, aber das genügte ihnen nicht. Dann schlug Franziska Uhl vor, weiße Holzkreuze aufzustellen. Zur mahnung und Erinnerung, dass jedern Tag in diesem Krieg Kinder, Frauen und Männer sterben. Menschen, die völlig unschuldig sind, deren Leben auf ungerechte Art und Weise beendet wird. Für uns bleiben sie namenlos, aber die weißen Holzkreuze sagen, dass sie trotzdem nicht vergessen sind. Geldspenden für weitere Holzkreuze, auch ganz kleine Beiträge, werden von Franziska Uhl gern entgegengenommen. Abzugeben in „RuDi's Kiezladen“.
Jeden Montag um 16.00 Uhr treffen sich die Senioren weiterhin, bei schönem Wetter auf dem Rudlfplatz, bei schlechtem im Kiezladen. Gäste sind herzlich willkommen.(sk.)
Berliner Zeitung – 01.03.2003
50 Meter bis zum Schlafraum
Die BSR will an der Rudolfstraße einen Recyclinghof errichten - direkt neben einer Kita
Das geht nicht, sagen die Eltern. "Wir sind strikt gegen den Recyclinghof dort, weil der Lärm der Lkw und die Abgase den Kindern schaden würden", sagt Ute Knoll, Gesamtelternvertreterin. Bis zu 800 Lkw sollen den Hof täglich an- und abfahren. Die Kinder würden im Buddelkasten immer in Höhe der Auspuffrohre spielen. Die Eltern fürchten zudem, dass die Kita, die an dieser Stelle seit den 70er-Jahren besteht und im Kiez rund um den Rudolfplatz die einzige ist, durch den neuen Nachbarn an Ruf verliert und so schleichend kaputtgemacht wird. Ähnlich sehen es auch die Bezirksverordneten: Am Mittwochabend plädierten sie nahezu einstimmig gegen den Recyclinghof. Das Bezirksamt solle gemeinsam mit der BSR einen anderen Standort suchen. Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) sieht sich in der Zwickmühle: Einerseits, sagt er, habe die BSR einen Rechtsanspruch auf den Hof an dieser Stelle. "Das Gelände ist rein planerisch eindeutig für Gewerbeansiedlungen vorgesehen, juristisch gesehen könnte uns die BSR deshalb verklagen, wenn wir ihre Bauvoranfrage ablehnen", sagt er. Andererseits ist Schulz auch überzeugt, dass Recyclinghof und Kita nicht zueinander passen. Ein Lärmgutachten habe ergeben, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Lärmwerte zu bestimmten Zeiten deutlich überschritten werden.
Die BSR besteht jedoch auf den Standort. "Wir haben andere Flächen geprüft, die aus unterschiedlichen Gründen nicht geeignet sind", sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Man habe Eltern und Erzieherinnen am Beispiel der Behmstraße gezeigt, dass ein Recyclinghof auch mitten in einem Wohngebiet nicht stören muss. Thümler: "Wir sind zu weiteren Gesprächen bereit, zum Beispiel über Alternativen für die An- und Abfahrtrouten, die nicht an der Kita vorbei sein müssen."
Karin Schmidl
(Gemeinsam mit dem Bürgerverein "Obelisk" hatte RuDi die Bürger auf das Vorhaben der BSR aufmerksam gemacht und leistete den Anwohnern Unterstützung bei ihren Aktionen gegen das Vorhaben der BSR)